Preisträgerfilme 2017 - Download als PDF
Grand Prix Graz
Der Film beginnt, wie so viele Filme, über das Extrembergsteigen, mit der Definition eines alpinen Zieles und den Vorbereitungen, dieses zu erreichen. Nach einem Unglück nimmt der Film jedoch eine Wendung um 180° und verlagert die Zielsetzung vom Dokumentieren eines schwierigen Aufstiegs zu einer Reise in die Psyche des Menschen. Aus dem geplanten Aufstieg und dem Foto des Gipfelsieges wird ein Abstieg in die Tiefe der menschlichen Seele. Dabei beantwortet der Film nicht nur die Frage nach dem Sinn dieses Risikos, sondern beantwortet auch die Frage, die in den allermeisten der eingereichten Filme eine Antwort sucht: Warum?
Der Grand Prix Graz 2017 geht deshalb an Steve Wakeford für Magnetic Mountain.
Kamera Alpin Austria
Verbindet man mit Filmen aus Nepal meist große Bergpanoramen, spektakuläre Aufnahmen in großer Höhe und unzählige Schicksale aus dem Bereich des Kletterns, widmet sich dieser Film den Menschen in Nepal. In kurzen, aber sehr prägnanten und gut dargestellten Einzelporträts vermittelt dieser Film einen informativen Einblick in die täglichen Herausforderungen der heutigen Gesellschaft dieses Landes, die durch das Erdbeben 2015 in besonderem Maße gefordert wurde.
Der Preis geht an: Homebird Nepal
Lobende Erwähnung Kamera Alpin Austria: Brahmaputra – Die Serie
Kamera Alpin in Gold
Laut einer kürzlich veröffentlichten Studie sind 75 % der Insektenarten Mitteleuropas in den letzten Jahrzehnten verschwunden. Doch die Aufregung über dieses erschreckende Ergebnis legte sich rasch. Was man nicht kennt, schützt man nicht – der Satz aus den Erfahrungen der Biologen gilt auch hier.
Wer etwa weiß schon, dass es neben der Honigbiene 560 Wildbienenarten bei uns gibt, deren Lebensweise sich deutlich von ihren domestizierten Verwandten unterscheidet und deren ökologischen Wert kaum einer kennt.
Diese Dokumentation gibt ihnen eine Bühne, setzt sie mit allen Mitteln des modernen Naturfilms in Szene und ermöglicht überraschende Einblicke in eine Welt, die wir doch gut zu kennen glaubten: Da beobachten wir die Mohnbiene, die aus fingernagelgroßen Klatschmohnblüten für ihren Nachwuchs eine „Kinderstube aus rotem Samt“ herstellt, die Fransenschmalbiene, deren turmartige Erdbauten wie Miniaturausgaben von Termitenhügeln aussehen, oder die Schneckenhausbiene, die die Blütenpollen als Proviant für die Larven im Bauch des Schneckenhauses deponiert.
Biene Maja haben wir im Kinderzimmer lieben gelernt. Jetzt berührt uns das Schicksal ihrer wilden Verwandten. Deshalb geht der Preis an Jan und Melanie Haft für „Biene Maja und ihre Schwestern“
Ein Albtraum, eine Katastrophe steht am Beginn des Filmes. Eine Katastrophe, die das eigene Handeln und die eigene Leidenschaft als solche in Frage stellt. Daraus entwickelt der Film eine packende Parabel über Schuld, Verantwortung, und allem voran, eine Geschichte von unerschütterlicher Kameradschaft und Liebe über den Tod hinaus. Die menschliche Nähe und Wärme steht einer unmenschlichen, dunklen und kalten Umgebung gegenüber. Selbst die wortkargen Protagonisten verstummen im Angesicht der Stille und der Ruhe einer bizarren Unterwasserwelt und ein Tapferkeitsabzeichen versucht den inneren, ewigen Schmerz zu lindern. Der Preis in Kategorie S geht an Diving Into The Unknown.
Zu diesem Film gehört Mut. Die anrührende Geschichte einer Bergliebe in den 30er Jahren ausschließlich mit Originalmaterial erzählen zu wollen, ist ein gewagtes Abenteuer – aber es gelingt. Mit penibler Vorbereitung und einem präzisen Gefühl für die richtige Präsentation versteht es der Regisseur, Standbilder aus alten Fotoalben zum Leben zu erwecken und im Kopf der Zuschauer eine bewegende Lebensgeschichte entstehen zu lassen. Nini, die am Berg ihren Partner findet, war eine der wenigen Frauen, die sich damals auf den Berg wagten, und dabei mit einer 16mm Kamera ihr Abenteuer drehte. Als wenige Jahre später ihr Partner verunglückte, war das Abenteuer zu Ende, und Nini widmete sich dem Kind der glücklichen Jahre. Erst nach mehr als einem halben Jahrhundert fand der Sohn die alten Materialien und gewann den Regisseur Gigi Giustiniani dafür, die Geschichte filmisch umzusetzen. Das Ergebnis wurde so lebendig, dass sich die Jury beinahe in Nini verliebte. Der Preis in Kategorie A geht an Gigi Giustiniani für die Gestaltung von NINI.
Der Film spricht eine deutliche Sprache und lebt vom Interesse, der Empathie und dem persönlichen Engagement des Filmemachers. Er beschreibt den Überlebenskampf des Stammes der Waorani und schafft es trotz der vielfach gezeigten Brutalität nie ins voyeuristische abzugleiten, sondern die Realität klar abzubilden. Der Film kann als der „reale Avatar“ bezeichnet werden, da er die Tragödie, welche durch das moderne wirtschaftliche Streben nach Gewinn ausgelöst wird, ungeschminkt wiedergibt. Das Dilemma in dem sich jener Teil der Menschheit befindet, der nicht schritthalten kann oder will, darf keiner Zuschauerin und keinem Zuschauer verborgen bleiben.
Lobende Erwähnung
Politik, Wirtschaft, Ökologie, Naturschutz, Gesellschaft. Atlantic widmet sich den Themen und Herausforderungen, welchen sich die Weltgemeinschaft zwangsweise wird stellen müssen. In drei sehr leicht nachvollziehbar gezeichneten Geschichten wird den Zuseherinnen und Zusehern die Problematik nähergebracht und die Sensibilisierung so maßgeblich erleichtert.
Der Film zeigt den übermenschlichen Kampf um Sieg und Anerkennung. Doch es geht nicht um den Gewinn des härtesten Hundeschlittenrennens der Welt, sondern um den mit äußerster Härte geführten einsamen Kampf eines Sohnes um die ihm verweigerte Anerkennung und Liebe des Vaters. Die Hunde seines Schlittens sind die einzigen Lebewesen, mit denen sich der einsame Athlet verbunden fühlt und diese ziehen ihn an ihren Leinen nicht nur zum Sieg, sondern auch aus seiner Einsamkeit heraus. Das Hundeschlittenrennen ist das „Schlachtfeld“ auf dem sich der Sohn dem Vater stellt und die Herstellung der „Ordnung der Liebe“ erzwingt.
7 Minuten und wenige Einstellungen genügen dem Regisseur, ein großes Drama zu erzählen. Jeder weiß es: der nächste Basejump kann der letzte sein. In den Gesichtern der Mutter, der Freundin und im Kopf des Zuschauers zeichnet sich schon das fatale Ende ab, denn es ist der letzte Sprung – doch der Basejumper überlebt.
Geht es um den Sieg? Geht es um eine überragende sportliche Leistung? Geht es um das überwinden eigener Grenzen? Encordés schafft es auf sympathische und spannende Weise eine Antwort auf diese Fragen zu geben in dem es die einzelnen Protagonistinnen und Protagonisten perfekt in Szene setzt.
Ein Abenteuer in extremer Ausgesetztheit und extremen Wetterverhältnissen. Die Protagonisten scheitern, ihr eigentliches Ziel trotz jahrelanger Anstrengung zu erreichen. In den Gesichtern und Bildern spiegeln sich nicht Heldentum und Pathos sondern die Angst und die Sorge, das Abenteuer zu überstehen. Am Ende muss ein Kompromiss eingegangen werden, der bedeutet, dass man sich mit einem kleineren Ziel zufrieden geben muss und trotzdem gestärkt und nicht enttäuscht aus diesem Abenteuer hervorgeht. Der Berg mutiert in klaustrophobischen Bildern vom “Alpinen Problem” zum Lehrmeister.
Mit Augenzwinkern und messerscharfer Beobachtung gelingt den Filmemachern ein bewegender Einblick in die Problematik der Veränderung unseres Planeten und deren Auswirkung auf das alltägliche Leben der Menschen.