“Witness” heißt “Zeuge” und wird im Englischen als Hauptwort und als Zeitwort verwendet. Ich bin ein „Zeuge“, und die Besucher der Ausstellung können hoffentlich durch meine Fotos die aufgenommenen Landschaften und Menschen bzw. ihre Aktivitäten „als Zeugen miterleben“.

Das Fotografieren ist der Motor, der mich in die Welt hinaus treibt, mich beobachten, teilnehmen, dazulernen lässt, um letztlich etwas zurückzubringen, das man teilen kann.

Meine Karriere als Fotograf war keineswegs vorgegeben. Jahrelang lebte ich in meinem Auto und Schifahren und Klettern bestimmten mein Leben. Je nach Jahreszeit zog ich von einem Staat in den nächsten, von der Küste in die Berge, von Klippen zu Felswänden. Mein erstes Profi-Foto entstand durch reinen Zufall. Ein schöner Frühlingstag im Jahr 1999 sollte mein Leben verändern. Ich schnappte die Kamera meines Kletterpartners und schoss ein Foto vom Gipfel des El Capitan. Diese eine Aufnahme, die dann an eine Ausrüster-Firma verkauft wurde, brachte mir das Geld für meine erste eigene Kamera. Seit bereits sechs Jahren bin ich nun Profi-Fotograf.

Meine Aufträge führten mich zu den schönsten Plätzen der Erde, in das Karakorum- und Himalaja-Gebirge, auf das Hochplateau Tibets, in die Alpen, in den südlichen Pazifik und nach West-Afrika. Dies sind Landschaften, die mich faszinieren und mit Ehrfurcht erfüllen. Dennoch zeigte sich nach jedem Auftrag aufs Neue, dass die interessantesten „Landschaften“, auf die ich treffe, diejenigen des menschlichen Geistes sind. Ich habe großen Respekt vor den Menschen, mit denen ich arbeite. Allein schon die Tatsache, dass ich mit diesen Sportlern, Entdeckern, Individualisten und Persönlichkeiten in der Welt des Abenteuers arbeiten kann, genügt, um mich ständig in Bewegung zu halten, mich herauszufordern, mich bescheiden zu machen und mich gleichzeitig unglaublich zu inspirieren. Wenn Licht und Schatten, interessante Menschen und prachtvolle Landschaften aufeinander treffen, dann habe ich das Gefühl, wirklich etwas Besonderes gefunden zu haben.

Ich möchte vermitteln, dass man die Umwelt – wie durch eine Linse betrachtet - als ein unendliches Spielfeld sehen kann, und gleichzeitig auch als eine eindeutig begrenzte Ressource. Es wird mir immer wichtig sein, Bilder nach Hause zu bringen, die Menschen zeigen, die an außergewöhnlichen Orten großartige Leistungen erbringen. Es ist mein Ziel mit meinen Bildern Menschen zu inspirieren, in ihrem eigenen Leben und auf dieser Welt positive Akzente zu setzen. Als einer, der die Menschen dabei beobachtet, wie sie ihre Leidenschaft ausleben, hoffe ich vermitteln zu können, dass man das Leben, gerade weil es schnell vorbeizieht, extrem leben kann und manchmal auch soll.

Jimmy Chin
Jackson, Wyoming, USA, im August 2005

Jimmy Chin verfügt über körperliche und technische Fähigkeiten Motive aufzunehmen, denen sich nur wenige andere Fotografen annähern können. Seine eigene sportliche Vielseitigkeit ermöglicht ihm ein besonderes Verständnis für die Sportarten, Expeditionen und die Menschen, die er fotografiert.

Unter Jimmy Chin’s jüngsten Aufträgen waren die Titel-Story für „Outside Magazine“ über Stephen Kochs Versuch, die Nordwand des Mount Everest mit dem Snowboard abzufahren, die Überquerung des Chang Tang Plateau in Tibet mit Rick Ridgeway, Conrad Anker und Galen Rowell mit Foto- und Videoaufnahmen für „National Geographic“, sowie Kletteraufnahmen auf den höchsten freistehenden Sandsteintürmen der Welt in Mali (Afrika) für „The North Face“. Im Frühjahr 2004 erreichte Jimmy Chin den Gipfel des Mount Everest, als Fotograf und „Making of“-Filmer für eine Spielfilmproduktion der Universal Studios.